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“Wir betreten ein neues, spannendes Zeitalter”: Interview mit Sarah Doole, FreemantleMedia

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„Die große Herausforderung ist es, zu verinnerlichen, dass es keine einheitlichen Regeln mehr für das Geschichtenerzählen gibt.“

Sarah Doole ist Creative Director “Worldwide Drama“ bei der FreemantleMedia Group, einer der größten Contentlieferanten auf dem Europäischen TV Markt. Gemeinsam mit internationalen Autoren und Regisseuren verantwortet sie nationale und internationale Produktionen sowie deren Distribution und Lizenzierung. Sie wird am 11. Oktober Sprecherin bei StoryDrive sein.

Was erwarten Sie von der Konferenz “Story Drive?”

Ich freue mich darauf, mich in den innersten Kreisen der Verlags- und Literaturwelt zu bewegen. Das ist wirklich spannend und gleichzeitig eine große Ehre für mich.

Wenn eine großartige Geschichte gut erzählt wird, dann hat sie die Chance, sich bis in alle Teile der Erde zu verbreiten. Die Grundfrage ist also, wie FreemantleMedia auf den weltweiten Appetit nach fesselnden TV-Dramen reagiert. In einer sich immer schneller verändernden Welt, in der es vor digitalen Möglichkeiten nur so wimmelt, müssen wir uns immer wieder fragen, wie wir unsere Fähigkeiten des Geschichtenerzählens hinsichtlich zukünftiger Trends oder hinsichtlich des Geschmacks und Appetits der Zuschauer verfeinern können. Auch müssen wir uns fragen, ob es Trends, Themen, Talente oder Geschichten gibt, die Grenzen übersteigen. In einer Welt, in der die Grenzen zwischen Buchseite, Bildschirm und Drehbuch verschwinden, befinden wir uns an einem Punkt, an dem die Technologie aus uns Redakteure, Arbeitsplaner und Vermittler macht…

Die Herausforderung für FreemantleMedia und andere Fernseh-Unternehmen, ist es zu klären, wie wir unsere „Content-Pipeline“ zur Förderung des Wachstums des Unternehmens füttern und gleichzeitig die Beziehung mit unserem herkömmlichen Publikum aufrechterhalten können. Wie gestalten wir unseren Entwicklungsprozess um neue Ideen zu entwickeln, die einen tiefen Eindruck beim Publikum auf der ganzen Welt hinterlassen? Wie managen wir die Vielzahl kreativer und finanzieller, über multinationale Grenzen hinaus gehenden Partnerschaften, die das ambitionierte TV-Drama benötigt? Können wir von anderen Geschäftszweigen lernen, die stark in Forschung und Entwicklung investieren, um unseren Inhalt so kommerziell wie möglich zu machen?

Freemantle hat sich auf die Fahne geschrieben, die hochwertige Programmgestaltung auf den weltweit führenden TV-Märkten neu zu definieren. Welches sind dafür die wichtigsten Eckpfeiler?

Die wichtigsten Pfeiler sind dabei das Verständnis des lokalen Marktes und das Produzieren eines Formates oder einer TV-Show mit Experten vor Ort, die alle Teil der FreemantleMedia-Familie sind. Dadurch garantierten wir Qualitätskontrolle, und eine enge Bindung zwischen Marketing und Zuschauern. Der Schlüssel, um eine Erfolgsshow zu produzieren, ist dem lokalen Publikum gegenüber Respekt zu zeigen, seine kulturellen Werte, TV-Gewohnheiten und Lebensstile zu berücksichtigen. FreemantleMedia hat außerdem ein umfangreiches international agierendes Verkaufsteam aufgebaut. Diese Experten arbeiten hart, um die Bedürfnisse unserer Kunden, der Fernsehsender, zu verstehen und managen das Verhältnis zu den örtlichen Fernsehtalenten. Diese Teams wissen, dass sie sich auf das Hintergrundwissen und Unterstützung der „Experten“ in unserem Londoner Hauptquartier verlassen können, wenn es um geschäftliche Angelegenheiten, Finanzen und Talentmanagement geht, oder gar wenn ein externer Produzent herangezogen werden muss, um eine Show zu starten und dadurch neue Maßstäbe zu setzen. Qualität, Zuverlässigkeit und das Verständnis für die einzelnen Märkte sind das Herz dessen, was wir tun – das zieht sich durch die 1.500 Stunden TV-Projekte, die wir jährlich produzieren ebenso wie durch unsere Entertainmentshows wie The X Factor oder Got Talent.

Inwieweit ist dafür eine Zusammenarbeit mit anderen Mediengattungen wie Buch oder Gamesbranche nötig?

Kooperationen sind maßgeblich – bei FreemantleMedia geht es darum, einem möglichst großen Publikum Geschichten zu erzählen – via TV, über digitale Kanäle, via Merchandise oder Spin-offs. Um kommerziell erfolgreich zu sein, müssen wir „unsere Geschichte“ so erzählen, dass diese bei unseren Zuschauern, Kunden, Abonnenten und Spielern auf der ganzen Welt Nachhall finden. Bücher und literarische Arbeiten treiben direkt die Produktion von Fernsehfilmen- oder Serien an. Spiele und digitale Formen beeinflussen in entscheidender Art und Weise die Markteinführung neuer Talente. Durch diese Medien wird direktes Feedback der Zuschauer gegeben, sie bauen eine Verbindung zum Publikum auf und verändern die traditionellen Methoden des Geschichtenerzählens in der TV-Industrie, mit denen wir aufgewachsen sind.

Wie reagiert das Unternehmen auf die Herausforderungen interaktiver Technologie wie AR u.ä.?

Die große Herausforderung ist es, dass es keine einheitlichen Regeln mehr für Geschichtenerzählen gibt. In der Fernsehhistorie waren wir es als TV-Produzenten und als Zuschauer gewohnt, unsere Geschichten in Form von 45-minütigen Blöcken, unterbrochen durch Fernsehwerbung, zu konsumieren. Dies hat den kompletten Prozess, Inhalt und Bogen „unseres“ Geschichtenerzählens geprägt. Durch den Erfolg von Netflix können wir einzelne TV-Programme nonstop 8 Stunden lang schauen. Online können wir unsere Lieblingsgeschichten in 5 Minuten langen Stückchen oder auch in voller Länge konsumieren, je nachdem, was wir für richtig empfinden. Beim Veröffentlichen von Büchern gibt es keine Regeln, außer der Länge der Kapitel. Wir betreten ein neues, spannendes Zeitalter des Entwickelns visueller Geschichten – dies könnte das Tempo, den Ton und den Rhythmus unseres weiteren Geschichtenerzählens ändern.

Bitte vervollständigen Sie den Satz: In fünf Jahren heißt kreative Unterhaltung…

“… sich aussuchen zu können, was man sich anschaut, egal wann, wo und wie…“

Sarah Doole wird am 11. Oktober bei StoryDrive als Sprecher dabei sein. Sie wird an der Session „Rewriting Reality, Rewriting Fiction: Wenn das Leben zur Geschichte wird“ teilnehmen.

Sarah Doole versteht sich als Trendscout: Dabei beobachtet sie nicht allein den TV-Markt, sondern den gesamten Mediensektor. Sie untersucht Zuschauergewohnheiten und Zukunftstrends – und ist immer auf der Suche nach neuen Stoffen und Formaten. Bevor sie zu FremantleMedia kam, war Sarah bei BBCWorldwide für sechs Jahre als „Creative Director for Drama“, „Head of Indie Drama“ und „Director of Drama, Comedy and Childrens“ tätig. Zu ihren Erfolgsprojekten gehören „Sherlock“, „Misfits“, „Primeval“, „Hustle“ oder „Wallender“.


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